Akademiebibliothek

Raubgutforschung

Projekt "Sekundäres Raubgut aus dem Antiquariat Agnes Straub in der Berliner Akademiebibliothek" (07-08/2013)

Gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Projektleitung: Dr. Stefan Wiederkehr
Projektmitarbeiterin: Sandra Butte

Projektbeschreibung

Ziel des Projekts Sekundäres Raubgut aus dem Antiquariat Agnes Straub in der Berliner Akademiebibliothek war die Untersuchung der Verstrickung des Berliner Antiquariats Agnes Straub, dessen Restbestände in den frühen 1950er Jahren in die Akademiebibliothek übergingen, in den Bücherraub der Nationalsozialisten. Die Rolle des Antiquariatsbuchhandels bei der Verbreitung von sekundärem Raubgut sollte mit dieser exemplarischen Studie näher beleuchtet werden.

Die Recherchen wurden von zwei verschiedenen Ausgangspunkten aus geführt. Zum einen wurden die im Akademiearchiv vorhandenen Akten zur Übernahme der Restbestände des Antiquariats Agnes Straub sowie die überlieferten Kataloge dieses Antiquariats vollständig ausgewertet. Zum anderen bildeten die Exlibris einer jüdischen Persönlichkeit in den aus dem Antiquariat Agnes Straub in die Akademiebibliothek übernommenen Bänden eine wichtige Spur. Ziel war es die Umstände zu klären, unter denen diese Privatbibliothek ihrem Eigentümer verlustig gegangen war. Zwischenergebnisse führten zu einer Ausdehnung der Recherchen auf andere Archive und Einrichtungen, namentlich Bibliothek und Archiv des Börsenvereins des deutschen Buchhandels in Frankfurt am Main, das Brandenburgische Landeshauptarchiv (BLHA) in Potsdam, das Archiv des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) in Berlin, die Entschädigungsbehörde des Landesamtes für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) in Berlin, das Kreisarchiv Mansfeld-Südharz in Sangerhausen sowie das Landesarchiv Berlin.

Sowohl die Grundzüge der Geschichte des Antiquariats Agnes Straub als auch die NS-verfolgungsbedingte schrittweise Enteignung der jüdischen Persönlichkeit können aufgrund der vorhandenen Akten weitgehend rekonstruiert werden. Auf die entscheidende Frage, wie die Privatbibliothek der jüdischen Persönlichkeit an das Antiquariat Agnes Straub kam, geben die bekannten Quellen jedoch keine Antwort. Dieses Ergebnis der Fallstudie macht deutlich, wie wichtig die systematische Erforschung des Antiquariatsbuchhandels in der Zeit des Nationalsozialismus und der seiner Rolle bei der Verbreitung von sekundärem NS-Raubgut auch in der Nachkriegszeit sind.

Das Projekt wurde im Zeitraum vom 1. Juli bis zum 31. August 2013 gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

Projekt "NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek – Systematische Recherche im Monographienzugang bis 1956 und im Sonderbestand NS" (05/2012-04/2013)

Gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages

Projektleitung: Dr. Stefan Wiederkehr
Projektmitarbeiterinnen: Katy Barthel, Sandra Butte

Projektbeschreibung

Ziel des Projekts NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek – Systematische Recherche im Monographienzugang bis 1956 und im Sonderbestand NS war die systematische Durchsicht ausgewählter Teile des Bestands der Akademiebibliothek nach NS-verfolgungsbedingt entzogenen Büchern sowie die öffentliche Dokumentation der Rechercheergebnisse im Hinblick auf eine spätere Restitution.

Im Projektverlauf hat sich die Ausgangsthese bestätigt, dass NS-verfolgungsbedingt entzogene Bücher – insbesondere sekundäres Raubgut – Eingang in die Bestände der Akademiebibliothek gefunden haben. Dafür gibt es mehrere Gründe. Zum einen verfügte die Bibliothek während der NS-Zeit bei gleichzeitiger Nähe der Akademie zum Regime nur über einen minimalen Erwerbungsetat und war zur Bestandserweiterung auf die kostenfreie Übernahme von Büchern angewiesen. Zum anderen wuchsen die Bestände der Akademiebibliothek ab 1950 im Zuge der Sowjetisierung der Akademie in einem vorher nie dagewesenen Tempo, wobei auch – wie die erhalten gebliebenen Akzessionsjournale zeigen – aus verschiedenen Quellen NS-Raubgut übernommen und eingearbeitet wurde.

Zu den normalen Beständen kommt der insgesamt als verdächtig einzustufende sog. "NS-Bestand", ein geschlossener Sonderbestand von ca. 12.000 Bänden, für den die Akteure in der Zeit der DDR die "Notwendigkeit [sahen], ihn ständig unter Verschluss zu halten, da es sich zu einem großen Teil um faschistische und militaristische Literatur handelt". Den NS-Bestand übernahm die Akademiebibliothek 1993 von Vorgängerinstitutionen, die diesen wiederum über die 1945 bis 1946 tätige Bücherbergungsstelle erhalten hatten. Die überwiegende Zahl der Bände trägt Eigentumsvermerke von Vorbesitzern, die die Grundlage der Provenienzrecherche bilden.

Im Laufe des Projekts wurden 3.360 aufgrund der Akzessionsjournale oder der Aktenlage als verdächtig bewertete Zugänge im Magazin geprüft und systematisch nach Provenienzspuren durchgesehen. Bei 2.395 dieser Zugänge besteht ein Raubgutverdacht im engeren Sinne. Bei 31 Zugängen handelt es sich eindeutig um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut. Vergleicht man die bisherigen Forschungsresultate mit denjenigen von Raubgutprojekten in anderen deutschen Bibliotheken, ist auffällig, dass in der Akademiebibliothek die große Mehrheit der verdächtigen Zugänge in die Zeit nach 1945 fällt und die Einarbeitung von Bänden mit Raubgutverdacht 1956 – dem zeitlichen Endpunkt des aktuellen Projekts – keineswegs endete. Ein weiteres Ergebnis besteht darin, dass "Raubgut aus zweiter Hand" – NS-verfolgungsbedingt entzogene Bücher, die über einen Zwischenbesitzer wie Antiquariate oder andere Bibliotheken in die Akademiebibliothek gelangten – deutlich überwiegt. Charakteristisch ist schließlich eine breite Streuung der Provenienzen. Die Tatsache, dass sich nur eine geringe Zahl von Provenienzmerkmalen in mehreren Bänden wiederholt, stellt sowohl sachlich als auch zeitlich eine besondere Herausforderung für weiterführende Recherchen dar.

Diejenigen verdächtigen Zugänge, die Provenienzspuren enthalten, wurden gemäß den Weimarer Empfehlungen zur Provenienzerschließung im Gemeinsamen Bibliotheksverbund (GBV) erschlossen und auf diese Weise für die Öffentlichkeit transparent gemacht. Im OPAC  der Akademiebibliothek sind sie über eine Schlagwortsuche mit dem Suchbegriff „NS-Raubgut“ recherchierbar. Darüber hinaus wurde gemeinsam mit der Koordinierungsstelle Magdeburg die automatisierte Übermittlung der im OPAC der Akademiebibliothek als verdächtig gekennzeichneten Bände an die Lost Art-Datenbank  und die regelmäßige Aktualisierung des Nachweises eingerichtet.

Das Projekt wurde im Zeitraum vom 1. Mai 2012 bis zum 30. April 2013 gefördert vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.

 

Veröffentlichungen

Butte, Sandra: Das Antiquariat Agnes Straub. Von Berlin nach Siebigerode, 1921 bis 1952. In: Aus dem Antiquariat N.F. 12 (2014) H. 1, S. 24-27.

Butte, Sandra/Wiederkehr, Stefan: "... da Mittel zur Anschaffung von Büchern überhaupt nicht zur Verfügung stehen." NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek. Ein Werkstattbericht. In: Bibliothek. Forschung und Praxis 37 (2013) H. 2, S. 220-228.

Butte, Sandra/Wiederkehr, Stefan: "Meinem lieben Neffen zur Erinnerung..." Die Recherche nach NS-Raubgut in der Akademiebibliothek. In: Die Akademie am Gendarmenmarkt 2013/14 / Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Berlin 2013, S. 72f.

Wiederkehr, Stefan: Die Akademiebibliothek. In: Jahrbuch 2012 / Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Berlin 2013, S. 420-425 [zum Raubgutprojekt: S. 423f.].

Vortrag NS-Raubgut in der Berliner Akademiebibliothek  am 5. Leipziger Kongress Bibliothek & Information Deutschland (12.3.2013)

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